Kategorie: Camino de Santiago

Tag 49 – Heimreise

Der gestrige Tag in Santiago war noch sehr schön. Allerdings muss ich zugeben, dass ich doch langsam etwas erschöpft bin. Heute um 11 Uhr ging es dann zu Fuß Richtung Busterminal. Jawohl, ich habe mich dieses Jahr entschieden, nicht zu fliegen und stattdessen leckere 30 Stunden mit dem Bus zu fahren.

  • Mehr Zeit zum Runterkommen
  • Entspannter
  • Günstiger
  • Noch mal einen Teil der Strecke abfahren, den ich gelaufen bin
  • Einfach mal was Anderes ausprobieren

Die Orga der spanischen Buslinie gestaltet sich in etwa wie ich es mir vorgestellt habe. Die Abfahrtszeit stimmt nicht, beim Ort konnte man sich nur auf einen auf 4 Stellplätze eingegrenzten Bereich konkretisieren und die Nummer und Anzeige am Bus ist eine andere bzw. nichtssagend. Trotzdem schaffe ich es dann doch den Richtigen zu erwischen. Es gibt regelmäßige Pausen und der Soundtrack könnte auch schlimmer sein. Während ich das schreibe, sind wir kurz vor Santander. Bis später.

Tag 47 – Santiago de Compostela #3

Die letzten Kilometer sind bezwungen, kurz nach Mittag geht die Reise zu Ende. Im Pilgerbüro hole ich mir den letzten Stempel, mein Pilgerpass ist nun restlos voll. An der Herberge treffe ich tatsächlich zwei Bekannte wieder, die wie viele noch einen Ausflug nach Finisterre und Muxía gemacht haben. Ich dusche erst mal übertriebene 30 Minuten lang. Bin gespannt, was die letzten Tage noch bereit halten. Zufällig treffe ich vor der Tür ein Mädel wieder, mit der ich vor einem Monat (!) mal in einer Herberge auf dem Norte war. Und lerne noch viele andere spannende Menschen kennen. Tatsächlich habe ich das erste Mal die Beine an meine Funktionshose gezippert. Zur Feier des Tages gibt’s ein Dürümmenü beim hiesigen Dönermann ?. In den letzten ~6 Wochen habe ich über 1.300 km zu Fuß zurückgelegt, irgendwie kaum zu glauben. Alles, was ich für diesen Trip geplant hatte, ist nicht so eingetreten. Manchmal ist Planen einfach nicht unbedingt das Sinnvollste. Ich habe einfach auf mein Bauchgefühl gehört und das gemacht, wonach mir gerade war, und es war wohl genau das Richtige.

Tag 46 – Sigüeiro

Puh, das war ein ganz schöner Gewaltmarsch. 41 km heute, dadurch sind für morgen nur noch 16 übrig ?. Wieder mal ein traumhafter Tag. Gegen kurz nach 8 geht es los. An der Bar gestern stand, die nächste gäbe es erst in 14 km. Stimmt aber nur, wenn man dem regulären Camino folgt. Ich habe eine kleine App geladen, die den Weg in Google Maps bereitstellt, und dort ist noch der alte Weg eingezeichnet, 4 km länger, und es kommt ein Café nach 6 km. Die Regierung/Xunta/was auch immer hat letzten Sommer die Strecke abgeändert, warum, ist unklar. Mit Hilfe der Karte will ich den ursprünglichen Weg laufen. Es gibt hier keine Wegsteine mehr und nur noch vereinzelte Pfeile. Ohne Navigation quasi unmöglich und selbst mit habe ich mich einmal verlaufen, da ich nicht auf die Satellitenbilder geachtet habe. Schon verrückt, dass Google weiß, wie es irgendwo in Spanien im Wald aussieht ?. Habe es aber dann doch geschafft und es war der Wahnsinn.

Waldweg:

Frühstück:

Weiter geht’s, ab und zu Pfeile, alte Infotafeln und Wegweiser:

Letztes Jahr war es ein Trip mit Fremden, die zu Freunden wurden. Dieses Jahr hat der Camino für mich so wesentlich mehr an Magie gewonnen, dass es mir eiskalt den Rücken hinunterläuft, und ich habe gedanklich schon diverse neue Projekte in Planung. Es ist nicht mehr nur irgendein Fernwanderweg mit fragwürdigem geschichtlichen Hintergrund. Camino ist Leben, Genießen, ganz im Moment sein, Inspiration, Einfachheit, Therapie und Aushalten.

Man beachte jene epische Aussicht:

In Bruma gibt es eine Herberge, nur gucken, nicht übernachten. Unterwegs habe ich deren Hospitalero getroffen und ein Schwätzchen gehalten. Dann noch eine kurze Einkehr, viel kommt bis Sigüeiro nicht mehr.

Es bleibt hübsch, sogar eine Herde Schafe gilt es zu umpilgern:

Die letzten 6 km sind leider kein Genuss, es geht parallel zur Autobahn und durch ein Industriegebiet, ohne das eine nicht das andere. Es dauert Stunden, bis ich einen anderen Pilger treffe. Diese Einsamkeit war super, ich habe wieder viel nachdenken können, das alles ist wirklich ein ganz großes Geschenk. Im letzten Café empfiehlt mir die Bardame eine Unterkunft im Zielort, es gibt hier nur private. Das Zimmer teile ich mir mit 4 anderen, ist in Ordnung, aber ich freue mich nun wirklich auf die 2 Nächte in Santiago, in denen niemand schnarcht, raschelt oder zu früh das Licht an oder aus macht. Außerdem wird es selbst in Spanien langsam Herbst, abends und morgens sinken die Temperaturen in den einstelligen Bereich, schlecht, wenn man nur eine Fleecejacke dabei hat. Nun heißt es einmal noch „Ultreia!“, gute Nacht.

Tag 45 – Presedo

Auf den letzten Tagen setzt endlich so richtig die Entschleunigung ein, es geht um nix mehr. Ich liege bis um 8 im Bett, danach ein ausgiebiges Frühstück. Übermorgen bin ich das letzte Mal in Santiago, zwei Nächte dort und dann geht’s tatsächlich heim. Auf dem Inglés ist wenig los, es gibt keinen Rush auf die Herbergsbetten, weil genug vorhanden sind. Mit der Begleitung von gestern kann ich noch mal viele Offenbarungen der vergangenen Wochen vertiefen, das ist ganz großes Kino.

Der Weg ist sehr natürlich, finde ich, hier ist noch nicht alles auf Tourismus getrimmt. Dennoch ist es körperlich anstrengend, es gilt einige Höhenmeter zu bewältigen, vergleichbar mit den späteren Etappen vom del Norte oder Primitivo. Bin sehr froh, diese Wahl getroffen zu haben.

Stopp für heute: Presedo. Außer Herberge und Bar ist hier nichts groß. Ich lasse mir ein Abendessen schmecken und dann geht’s schlafen, morgen wird noch mal etwas härter.

Die Herbergsmiez?

Tag 44 – Pontedeume

Ok, das wird wieder ein überaus voluminöser Post mit zu vielen Bildern. Ich bin gestern nach Ferrol gefahren, das liegt im Norden Galiciens und ist.. der Startpunkt vom Camino Inglés ?. Ja, es reicht immer noch nicht. Da es dort keine Herberge gibt, bin ich privat abgestiegen, war super, ein Einzelzimmer für 18€ direkt in der Stadt. Leider war die Sonne schon untergegangen, darum konnte ich keine tollen Fotos mehr machen.

Heute ging das aber um so besser. Ich bin ganz gemütlich gegen halb 9 aufgestanden und dann langsam losgetrottet. Nachdem ich vergeblich anhand einer Gratiskarte aus dem Internet den offiziellen Startstein gesucht habe, bin ich einfach so in Richtung Stadtausgang getrabt. Nach ein paar Hundert Metern fällt mir ein, dass ich noch keinen Stempel aus Ferrol habe.. Das erste Café auf dem Weg hat keinen, genauso wenig das zweite und das dritte. Dort versucht mir ein Spanier zu erklären, ich bekäme einen in der Kirche, die um 10 Uhr öffnet. Puh, dann halt noch mal 1,7 km zurück. Während ich missmutig zurück laufe, fängt es wie vorhergesagt an zu regnen. Nachdem ich vor der Kirche 15 Minuten vergeblich im Regen Löcher in die Luft geguckt habe, beschließe ich, einfach zurück zum Hostel zu laufen und mir da einen zu holen, liegt eh auf dem Weg. Dort gönne ich mir dann erst mal einen Kaffee und warte, dass der Regen etwas weniger wird, so dass ich um 10:30 Uhr dann jetzt aber wirklich los starte ?.

Ich mag den Weg, es gibt sehr viele schöne Sachen zu gucken. Im Prinzip läuft man erst mal einen riesigen Bogen (bestimmt 11 km) um die Bucht herum, bevor es gen Süden geht. Wer möchte, kann sich die Strecke mittels einer Autobrücke sparen, was der Reiseführer aber nicht empfiehlt. Richtig so, fliebl doesn’t kürz ab. Ich bin bisher jeden einzelnen Meter selbst gelaufen und das bleibt auch so. Es gibt noch 2 Varianten um eine längere Strecke zu laufen, die erste ignoriere ich, die zweite gehe ich dann doch. Der Früh-da-sein-Zug ist eh längst abgefahren, da macht ein Kilometer mehr oder weniger auch nichts. Die Herberge in Pontedeume liegt direkt am Fluss, richtig gut. Diesmal gibt’s den Schlüssel in der Touristeninformation. Habe dann noch eine nette Begleitung für einen Stadtbummel mit Speis und Trank gefunden und danach geht’s zufrieden in die Falle.

Der Inglés hat nur ~112 km, schnell wird es 2-stellig:

Hier im Turm ist das Tourioffice:

Ach ja, bevor jemand fragt: Alle Bilder hier sind 1:1 Originale, keine Filter, keine Nachbearbeitung. Bei einigen handelt es sich allerdings um HDR-Aufnahmen. Und sie sind alle gecroppt.